Rosemary ist schon über achtzig, aber noch immer geht sie jeden Morgen ins Freibad.
Doch um sie herum ändert sich im Londoner Stadtteil Brixton alles: die Bibliothek, ihr ehemaliger Arbeitsplatz, schließt, kleine Läden werden zu Hipster-Bars. Und jetzt soll auch noch das Schwimmbad zumachen.
Rosemary kopiert Flugblätter und beginnt, für ihr Freibad zu kämpfen. Bald bekommt sie Unterstützung von Kate, einer schüchternen jungen Journalistin, die einen Artikel über das Schwimmbad schreiben soll, aber selbst noch nie in dort gewesen ist.
Kate möchte Rosemary interviewen, doch die alte Dame stellt eine ungewöhnliche Bedingung: Kate soll wenigstens einmal im Freibad schwimmen gehen, danach darf sie wiederkommen und Fragen stellen.
Was einfach klingt, ist für Kate ein echtes Problem: fürs Freibad fehlt ihr ein Badeanzug. Kate muss ihre Panikattacken überwinden und sich in die beengte Umkleidekabine eines Kaufhauses wagen …
Mikrokosmos Freibad
Die begeisterte Schwimmerin Libby Page hatte die umwerfende Idee, ein städtisches Freibad zur Hauptfigur eines Romans zu machen. Ein Ort, der nicht schick, aber funktional ist und mit dem viele das typische Sommergefühl ihrer Jugend verbinden.
In diesem Freibad riecht es nach Chlor und frisch gemähtem Gras, nach Sonnenmilch, fettigen Pommes und süßer Eiscreme. Es ist ein Ort kindlicher Mutproben und verschämter Teenager-Blicke, Sommertreff der Jugend und in den frühen Morgenstunden sogar eine stille Oase, ein Ort an dem man eins werden kann mit sich und dem Wasser.
»Im Freibad« ist ein echter Wohlfühlroman, ein Buch mit einer gesellschaftskritischen Message und rundherum sympathischen Figuren, die genretypisch allerdings ziemlich eindimensional gezeichnet sind.
Trotzdem tut das dem Lesevergnügen keinen Abbruch, wenn man das Buch als das nimmt, was es ist: warmherzige Sommerlektüre, die sich flott wegliest und die sehr unterhaltsam von der Gentrifizierung unserer Großstädte erzählt.
Und spätestens im Nachwort, in dem die Autorin ein flammendes Plädoyer für den Erhalt unserer Freibäder hält, hat man Libby Page für dieses Buch ins Herz geschlossen.
Die im Buch beschriebenen Privatisierungsmaßnahmen und Bürgerproteste erinnern lose an die Aktionen rund um die zeitweise Schließung der Londoner Carnegie Libary. Die Bibliothek sollte teilprivatisiert werden und eine beträchtliche Fläche in ein Fitnesstudio umgewandelt werden.
Um ihre Bibliothek zu retten, besetzten Anwohner in 2016 die Bibliothek. Unterstützung fanden sie auch bei prominenten Autoren wie Nick Hornby und Colm Tóibín. Die Besetzung endete nach neun Tagen mit dem »Marsch nach Brixton« und der öffentlichen Zusage, die Bibliothek wieder zu eröffnen und den kostenlosen und freien Zugang für alle zu gewährleisten. Im Jahr 2018 wurde das Versprechen eingelöst.