Adelaida Falcón lebt in Caracas, einer Stadt, die im blutigen Chaos versinkt. Gerade hat sie ihre Mutter beerdigt, doch für Trauer hat sie keine Zeit. Als sie den Friedhof verlässt, weiß sie nicht, wie es weitergehen soll.
Denn die Ersparnisse sind dahin, aufgezehrt von der Krebsbehandlung der Mutter. Die Spritzen, die Infusionsbeutel, das Verbandszeug, alles musste Adelaida zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt besorgen.
Jetzt ist Adelaida ganz allein. Die meisten ihrer Freunde sind fort, verschollen oder ins Ausland geflüchtet. Aber es bleibt keine Zeit zum Grübeln. Eine Brigrade bewaffneter Frauen stürmt Adelaidas Wohnung, zertrümmert das Inventar, schändet Erinnerungsstücke und wirft die junge Frau auf die Straße.
Adelaida ist am Tiefpunkt. Schutzlos, obdachlos, einsam und verzweifelt. Die Straße ist der gefährlichste Ort, an dem man sich in dieser Stadt aufhalten kann. Schüsse peitschen durch die Nacht, Menschen suchen verzweifelt Deckung.
Überall sind die »Hijos de la Revolución«, die Kinder der Revolution. Wer ihnen in die Quere kommt landet im Gefängnis, dort warten Folter, Vergewaltigung und der Tod.
Durch eine glückliche Fügung gelingt es Adelaida, in die Wohnung einer Nachbarin zu schlüpfen. Doch dort macht sie eine schreckliche Entdeckung …
Ein Land versinkt im blutigen Chaos
In eindringlichen Bildern zeichnet »Nacht in Caracas« das Bild eines untergehenden Landes, in dem der Terror den Alltag diktiert und es vom Brot bis zu Monatsbinden an allem fehlt.
Karina Sainz Borgo schreibt in einer nüchternen Sprache, die im harten Kontrast zu den ungeheuerlichen Ereignissen stehen. Ihr Roman beruht auf eigenen Erfahrungen, sie ist selbst in Caracas geboren und emigrierte vor einigen Jahren nach Spanien. Ihre Verwandten leben nach wie vor in Venezuela.
Dort ist gibt es nach dem Zusammenbruch der Zivilgesellschaft nichts mehr, für das es sich zu leben lohnt. Keine Arbeit, keine Freundschaft, kein Vertrauen. Stattdessen Hunger, Ohnmacht und Angst.
Aus Venezuela dringen nur wenige Berichte über den Alltag der Menschen zu uns. Umso wichtiger ist dieses Buch, das den Bedrängten eine Stimme gibt.