Heleen, Carolien, Jochem und Hugo leben in Amsterdam. Regelmässig treffen sich die Freunde auf Hugos Hausboot, um dort gemeinsam zu musizieren. In der Musik vergessen sie für einen Moment ihre Sorgen, die von Alltagsproblemen bis zum traumatischen Verlust reichen.
Carolien ist Hausärztin, ihr Mann Jochem Geigenbauer. Vor kurzem haben sie ihre beiden Söhne durch einen Unfall verloren. Inmitten der Trauer droht das Paar sich zu verlieren.
Heleen arbeitet in Caroliens Praxis. Sie hat zu viel Speck auf den Rippen, Essen ist ihr zugleich Trost und Hobby. Sie bekocht und umsorgt die Menschen die sie liebt.
Bootsbesitzer Hugo ist Heleens Cousin. Er arbeitet im Kulturmanagement der Stadt und setzt in letzter Zeit nur noch Sparprogramme um. Als er die Kündigung erhält, ist beinahe erleichtert.
Und dann ist da noch der betagte Reinier, ehemaliger Musiklehrer der vier Freunde. Von Schmerzen geplagt und zunehmend gebrechlich, wird das Alleinleben für ihn zu einem täglichen Kampf.
Als der junge Marokkaner Driss ihm seine Hilfe anbietet, schöpft der alte Mann neuen Lebensmut …
Weiterleben trotz Verlust und Trauer
In ihren Romanen verwebt Anna Enquist zwei ihrer größten Leidenschaften: den Blick in die Seele des Menschen und ihre Liebe zur klassischen Musik. Kein Wunder, denn sie ist sowohl Konzertpianistin als auch Psychoanalytikerin.
In »Streichquartett« erzählt sie vom Umgang mit bodenloser Trauer nach einem tragischen Verkehrsunfall zweier Kinder. Carolien und und ihr Mann gehen auf ganz unterschiedliche Weise damit um.
Jochem flüchtet sich in seine Arbeit und findet Erleichterung, wenn er die Trauer für ein paar Stunden vergisst. Caroliens Arbeitskraft schwindet dagegen, die Trauer ist für sie der einzige Weg, die Verbindung zu ihren Söhnen immer noch zu spüren. Die Ehe von Carolien und Jochem steuert auf einen Tiefpunkt zu, geprägt von Enttäuschung, Vorwürfen und mühsam unterdrückter Wut.
Hugo und Heleen dagegen reiben sich im Alltag auf, Hugo im Job und seine Cousine auch noch für ihre Familie. Dennoch sind beide dankbar, dass es ihnen im Vergleich zu Carolien und Jochem unendlich gut geht. Ein Umstand, der sie insgeheim beschämt und befangen macht.
Daneben wirft »Streichquartett« auch gesellschaftskritische Fragen auf und beschreibt, wie der niederländische Staat alte Menschen einfach verschwinden lässt. Diejenigen, die nicht mehr ohne Pflegedienste zurechtkommen, fallen aus der hausärztlichen Versorgung heraus.
Die Angst vor dem geriatrischen Dienst und die panische Furcht, als gebrechlicher Greis aufzufallen und abgeholt zu werden, all das bündelt die Autorin in der fein gezeichneten Figur des Cellisten Reinier.
Ein vielschichtiger und berührender Roman, der vom Umgang mit Trauer, dem Altwerden und Freundschaften in schwierigen Zeiten erzählt.
Immer wieder schreibt Anna Enquist in ihren Romanen über Trauer und verarbeitet so auch den tragischen Tod ihrer Tochter, die 2001 in Amsterdam bei einem Fahrradunfall ums Leben kam. In ihrem Folgeband »Denn es will Abend werden« erzählt Enquist, wie es mit den vier Freunden weitergeht.