Kairo 2011, eine Stadt im Aufruhr. Das verfilzte Regime und die Reichen bestimmen den Lauf der Dinge, Korruption und Gewalt prägen den Alltag der Menschen.
Mittendrin lebt Noredin, ein gewöhnlicher Polizist, der seine Abende allein vor dem Fernseher verbringt. Noredin verlor seine Frau bei einem Autounfall, seitdem sucht er Halt in der Routine seines Jobs. Im Polizeirevier wird Noredin offen von seinem Chef protegiert: sein Vorgesetzter ist sein Onkel Kamal, der auf dem Drahtseil zwischen Geheimdiensten und Machthabern geschickt balanciert.
Als in einer Luxussuite des Nile Hilton Hotels eine prominente Sängerin ermordet wird, beobachtet das sudanesische Zimmermädchen Salwa den Täter. Noredin übernimmt die Ermittlungen und macht sich auf die Suche nach der untergetauchten Zeugin.
Gina, die Freundin der Ermordeten, liefert einen wichtigen Hinweis und Noredin lässt sich auf eine Affäre mit ihr ein. Als man Noredin anweist, den Fall als Selbstmord zu den Akten zu legen, widersetzt sich Noredin den Befehlen von oben.
Seine Recherchen führen ihn zu einem der mächtigsten Männer des Landes: zu Hatem Shafiq, dem Besitzer des Hilton Hotels, der über beste Beziehungen zur Präsidentenfamilie verfügt.
Noredin und Gina geraten ins Visier der Geheimdienste und die Augenzeugin Salwa wird von Verfolgern durch die Stadt gehetzt. Schon bald müssen alle drei um ihr Leben fürchten …
Ohne Bakschisch läuft nichts
Was bedeutet es, wenn die Polizei verlängerte Arm der Regierenden ist? Wenn die Dienstgrade der Beamten militärische Ränge sind und wenn der Befehl eines Vorgesetzten über Recht und Gesetz steht?
Der schwedisch-ägyptische Regisseur Tarik Saleh lässt in seinem Polit-Thriller die Zuschauer lähmende Ohnmacht spüren. Er zeigt Kairo als die Stadt des Bakschisch, der latenten Bedrohung und der Willkürherrschaft einer dekadenten Clique.
Ähnlich wie in »The Night Manager« beginnt die Geschichte mit dem Mord in einem Kairoer Luxushotel: die prominente Geliebte eines einflussreichen Mannes wird aus Eifersucht ermordet. Es ist eine Anspielung auf die häufigen Beziehungen zur Sängerinnen und Tänzerinnen, die ägyptische Geschäftsmänner und Politiker neben ihren Ehen arrangieren. Doch während »The Night Manager« die Welt des Luxus nicht verlässt, steigt »Die Nile Hilton Affäre« hinab zu den gewöhnlichen Leuten.
In gebrochenen Farben zeichnet der Film das Bild von alltäglicher Gewalt, dem Ausgeliefertsein des Einzelnen gegenüber dem allmächtigen Staat, ähnlich wie in dem Kairo-Roman »Stadt der Rebellion«.
Das Polizeirevier ist ein Hort der Tristesse: grelles Licht blendet, graue Wände und beiges Mobiliar verströmen den Muff der Diktatur. Die Absteige der Sudanesen ist ein elender Verschlag, dort wartet das Zimmermädchen Salwa mit ihren Landsleuten auf bessere Tage. Die desillusionierende Schlussszene spielt während der Demonstrationen rund um den Tahrir-Platz und nimmt wie ein böses Omen den niederschmetternden Ausgang der Revolution bereits vorweg.
»Die Nile Hilton Affäre« ist ein gelungener, atmosphärisch dichter Film. Tarik Saleh bannte die aufgeladene Stimmung der Stadt Kairo im Revolutionsjahr 2011 in ausdrucksstarken Bildern auf die Leinwand, begleitet vom einem suggestiven Sound, den Fredrik Jonsäter kreierte. Man ist umfangen vom Klang Kairos, jener endlosen Kakaphonie aus Hupen und Verkehrslärm.
Der Film wurde auf dem Sundance Film Festival begeistert aufgenommen und dort mit dem World Cinema Grand Jury Prize ausgezeichnet. Fares Fares (Jussi Adler-Olsen, Sonderdezernat Q) überzeugt in der Hauptrolle des Noredin.
Als Drehort war Kairo geplant, aber kurz vor Beginn der Arbeiten wurde die Drehgenehmigung wieder zurückgezogen. Notgedrungen wich das Team nach Casablanca aus. Ein Umstand, den man dem fertigen Film nicht anmerkt, sieht man einmal von fehlenden Totalen des Tahrir-Platzes und des ehemaligen Nile Hilton Hotels ab.
Ein spannender Film Noir, welcher der Megacity Kairo eine Hauptrolle einräumt.