Baba Dunjas letzte Liebe

Als der Reaktor passierte, war Baba Dunja fünfzig Jahre jung. Sie verließ ihr Heimatdorf Tschernowo und begrub bald darauf ihren Ehemann Jegor.

Sechzehn Jahre später kehrte sie als Erste zurück. Der wild wuchernden Natur trotzte sie das Haus und den Garten in mühevoller Kleinarbeit wieder ab. Jetzt hat Baba Dunja hat alles, was sie zum Leben braucht: Wasser aus dem Brunnen, Obst und Gemüse zieht sie im eigenen Garten.

Das Gute am Altsein ist, dass man niemanden mehr um Erlaubnis zu fragen braucht - nicht, ob man in seinem alten Haus wohnen kann, und nicht, ob man die Spinnennetze hängen lassen darf.
BABA DUNJAS LETZTE LIEBE - Alina Bronsky

In Tschernowo lebt Baba Dunja ein freies Leben. Das Schicksal hat ihr ein paar eigenwillige Gefährten zugespielt: die faule Melkerin Marja, den senilen Tattergreis Sidorow, das hochnäsige Ehepaar Gavrilow und den sterbenskranken Lyriker Petrow. Die Angst vor der Strahlung haben sie hinter sich gelassen.

Aber die Fremden, die kommen in Schutzanzügen und stören mit ihren tickenden Zählern die Ruhe im Dorf. Forscher begutachten die zahlreichen Spinnen, die in Tschernowo neuerdings seltsame Netze weben. Und an schlechten Tagen kreuzt die Ordnungsmacht auf, eisern entschlossen die Siedler zu vertreiben.

Die ersten Schritte nach dem Aufstehen sind immer langsam. Der Himmel hängt wie ein verwaschenes Bettlaken über dem Dorf. Das will nicht in meinen Kopf, dass diesselbe Sonne für alle scheint ...
BABA DUNJAS LETZTE LIEBE - Alina Bronsky

Baba Dunja ist das Rückgrat der Gemeinschaft, sie erntet und kocht, tröstet und schimpft und hält unbeirrbar der Obrigkeit stand.

Ihr Lebensquell sind wundervolle Pakete aus Deutschland: Tochter Irina schickt Trekking-Sandalen von unverwüstlicher Qualität und Enkelin Laura legt geheimnisvolle Briefe bei …

Die Sperrzone als Refugium für Freigeister

Ein Ort an den man eher nicht reisen möchte – obwohl Spezialanbieter bereits Tschernobyl-Touren als Adrenalin-Kick anbieten. Auf den Spuren von Baba Dunja und ihrer Gemeinschaft entdeckt man die verlassene Sperrzone viel poetischer und frei von Gefahren.

Tschernobyl, Tisch, Bücher
In Tschernobyl ist die Zeit stehen geblieben

Der Roman spielt im fiktiven Ort Tschernowo, einem kleinem Bauerndorf, welches nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl zwangsweise evakuiert wurde. Hab und Gut blieben an Ort und Stelle zurück, Häuser hielten für immer den Atem an.

Vor diesem düsteren Hintergrund entspinnt Alina Bronsky eine tragikomische Geschichte, deren Hauptfiguren ebenso skurril wie liebenswert sind. Ihr ist ein warmherziger Roman gelungen, in dem es um Eigensinn und Gelassenheit, um Loyalität und Anteilnahme, um das Altern und ungebrochene Lebenslust geht. Und nebenbei erfährt man einiges über die Todeszone gut dreißig Jahre nach dem Super-GAU, mit einem Augenzwinkern und ironisch rosaroter Brille.

Sophie Rois ist die perfekte Besetzung für die Vertonung des Hörbuchs, mit ihrer markanten rauen Stimme entführt sie uns ausdrucksstark in Baba Dunjas wilde Gemeinschaft. Ein großes Hörvergnügen, kurzweilig und außergewöhnlich.

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