Sara Campos wird in die Pyrenäen gerufen. Ein Auto stürzte in eine unzugängliche Schlucht, der Fahrer ist tot, seine jugendliche Beifahrerin schwer verletzt. Das Mädchen ist Ana, vor fünf Jahren verschwand sie gemeinsam mit Lucía aus dem nahe gelegenen Dorf Monteperdido.
Die Polizistin rollt den alten Fall wieder auf und stößt auf eine Mauer des Schweigen. Anas Angaben zur Entführung sind widersprüchlich und verschwommen, sie kann nichts darüber sagen, wo sich Lucía befindet. Lügt sie oder ist ihr Gedächtnis gestört?
Während die Polizei unter Hochdruck ermittelt, bersten in den Familien der Mädchen die letzten Dämme. Lucías Mutter Montserrat bricht zusammen, während ihr Ehemann Joaquín verzweifelt an Selbstjustiz denkt. Die vom Schicksal erlösten Eltern Anas sind glücklich und dennoch bedrückt: Seit langem leben sie getrennt, aber ihrer Tochter gaukeln sie eine heile Ehe vor.
Als Anas Erinnerungen zurückkehren, finden Sara und ihre Kollegen das aufgegebene Versteck des Entführers. Der lange Weg zur einsamen Hochalm weist auf einen Mittäter hin, einen Einheimischen der half, die Mädchen zu versorgen.
Während Montserrat und Joaquín für die Rückkehr ihrer Tochter beten, bändelt Ana mit deren Sohn Quim an, der ihr hoch oben in den Bergen das Schwimmen beibringt.
Zur Identität des Täters schweigt Ana beharrlich. Ist es Angst oder will sie den Entführer schützen?
Die Landschaft prägt die Akteure
Die Geschichte um die beiden verschwundenen Mädchen führt uns hoch in die Pyrenäen, in den Nationalpark »Ordesa y Monte Perdido« nahe der französischen Grenze.
Die Gegend ist von mächtigen Dreitausendern, tief eingeschnittenen Schluchten und imposanten Talkesseln geprägt. Der Autor Agustín Martínez borgte sich den Namen seines fiktiven Schauplatzes vom dritthöchsten Berg der Pyrenäen, dem 3.355 Meter hohen Monte Perdido.
Die Landschaft rund um diesen Berg und den Ort Bielsa prägt die Akteure und spielt selbst eine Hauptrolle in diesem Roman: Martínez lässt Pappelwälder rauschen, Bergseen glitzern und die hoch aufragenden Felswände dunkle Schatten werfen – man möchte schnurstracks die Wanderschuhe schnüren.
In der Kriminalhandlung streift der Autor den Alltag der Dorfbewohner, der Tourismus ist ihnen sowohl Fluch als auch Segen. Daneben schildert er die Nöte der Heranwachsenden in einem abgelegenen Tal. Einige Figuren geraten dabei etwas blass, so dass nicht jeder der zahlreichen Akteure im Gedächtnis haftet. Aber dafür wächst einem die Ermittlerin Sara Seite um Seite ans Herz.
Spannende Unterhaltung, bestens geeignet zur Vorfreude auf die Pyrenäen. Oder abends nach einer Wanderung die Bergschuhe ausziehen und mit »Monteperdido« den Nationalpark Ordesa erkunden!