Liv und Nora sind Cousinen und beste Freundinnen. Als Nora in einer Krise steckt und dringend eine Luftveränderung braucht, hat Liv eine glänzende Idee: eine Kreuzfahrt entlang der Pazifikküste, von Los Angeles bis an den Panamakanal.
Nora und Liv können an Bord mit ihren Ehemännern entspannen, unterdessen toben sich die vier Kinder im Kids-Club aus. Eine argentinische Familie mit zwei Teenagern schließt sich den Amerikanern an, gemeinsam verbringt man fröhliche Stunden an Bord.
Doch dann geht ein Landausflug in Costa Rica gründlich schief. Wegen eines Moments der Unachtsamkeit verschwinden die Kinder plötzlich spurlos vom Strand, eine schleppend angeleierte Suchaktion bleibt ohne Erfolg.
Während die Eltern sich gegenseitig erbittert beschuldigen, kämpfen die Kinder in dem fremden Land ums blanke Überleben …
Überleben in der Schweiz Lateinamerikas
Hinter dem schönen türkisfarbenen Leineneinband verbirgt sich ein echter Pageturner: Was sich anlässt wie ein heiterer Urlaubsroman, entwickelt sich bald zu einem rasanten Genremix zwischen Familienroman und Thriller.
Maile Meloy schildert das Geschehen in schnellem Wechsel aus den unterschiedlichsten Perspektiven: sie nimmt den Blickwinkel der verzweifelt suchenden Eltern ein, den der Kinder, die sich unter bedrohlichen Umständen durchschlagen müssen und den der beteiligten Costa Ricaner, darunter Drogenbarone, Polizisten, Botschaftsmitarbeiter und Hilfsbereite, die ihren Versuch, den Kindern zu helfen, mitunter teuer bezahlen.
Die Sicht der Kinder ist geprägt von den kindlich-naiven Überlegungen der altklugen Penny, die nach einem Ausweg sucht und mit der Fürsorge für ihren zuckerkranken Bruder vollkommen überfordert ist. Die argentinischen Teenager Hector und Isabel wagen den Tanz auf dem Vulkan, agieren kopflos und ungestüm, zwischen himmelhoher Selbstüberschätzung und aggressiver Verletzlichkeit.
Unterdessen treten bei den Eltern mühsam verborgene Konflikte offen zu Tage. In Noras Ehe kriselt es heftig, ihr Ehemann Raymond, ein Schauspieler, pflegt sein strahlendes Image und scheint seine Frau zur Bedeutungslosigkeit zu verdammen. Die Filmproduzentin Liv quält der Spagat zwischen Job und Familie, sie plagt sich mit Überforderung und Selbstzweifeln herum, beneidet ihre attraktive Cousine und bewundert die »gut gemachte« Schönheit der Argentinierin Camila.
Während man atemlos die Odyssee der verschollenen Kinder verfolgt, bekommt man einen kleinen Einblick in den Alltag Costa Ricas, einem Land, das im Roman selbst nur als »die Schweiz Südamerikas« bezeichnet wird. Ein Land, in dem manches im Argen liegt, aber vieles auch funktioniert, nur eben langsamer – und vor allem anders – als es die Amerikaner gewohnt sind.
Die bittersten Szenen sind jene, in denen mutige Lateinamerikaner für ihren Einsatz zugunsten der Verschleppten teuer bezahlen. Eine Prise Gesellschaftskritik, unterhaltsam verpackt, die in Tonart und Thema an den den Roman »In den Häusern der Barbaren« von Héctor Tobar denken lässt.
Ein fein beobachteter Roman, der die Sorgen des amerikanischen Mittelstands mit unterschwelligen Sarkasmus seziert. Ungemein spannend und sehr unterhaltsam.