Georgien, 1900. Die Halbschwestern Stasia und Christine gehören zur Oberschicht des Landes, als Töchter eines Schokoladenfabrikanten wachsen sie zu selbstbewussten jungen Frauen heran.
Die ältere Stasia heiratet den Weißgardisten Simon Jaschi, der bald ohne seine Frau nach St. Petersburg geht. Das Paar bekommt zwei Kinder, Kostja und Kitty.
Doch die andauernde Trennung entfremdet die Eheleute. Stasia zieht zu Christine nach Tiflis, in die prächtige Villa, die diese ihrem zwanzig Jahre älteren Ehemann Ramas verdankt. Der Geheimdienstler stellt seine bildschöne Frau seinem berüchtigten Chef vor, dem »Kleinen Großen Mann«, der Christine zu seiner Geliebten macht.
Nach einer Bluttat bleibt Christine fürs Leben gezeichnet, die Villa wird zu einem Zweifrauenhaushalt. Dort ziehen die Schwestern Stasias Kinder auf, und kümmern sich auch den Sohn ihrer Freundin Sopio …
Magische heiße Schokolade
Was für ein prächtiger, epochaler Roman! Vor dem Hintergrund gut einhundert Jahre georgischer Geschichte erzählt Nino Haratischwili mit beinahe opernhafter Dramatik vom Schicksal der Familie Jaschi. Über fünf Generationen und ausschließlich aus weiblicher Sicht.
Die Saga beginnt im russischen Zarenreich, wo der Schokoladenfabrikant seine unwiderstehliche heiße Schokolade nach einem Geheimrezept kocht. Man munkelt, das Getränk entfalte magische Kräfte.
Kunstvoll sind die Schicksale der Jaschis mit der georgischen Geschichte verzahnt, von den bolschewistischen Befreiungskämpfen, über den Stalinismus, bis hin zu einem unabhängigen Georgien, das Stasias Urenkelin Niza in den Neunzigerjahren erlebt. Sie tritt auch als Ich-Erzählerin auf und widmet die Familiengeschichte ihrer Nichte Brilka.
Über allem steht der brennende Wunsch nach einem selbstbestimmten, freien Leben, ein roter Faden, der die Frauen der Familie Jaschi miteinander verknüpft. Manch eine von ihnen kommt diesem Ziel nah, andere werden allzu schnell verglühen.
Ein pralles, vor Emotionen beinahe berstendes Sittengemälde, das stolze 1279 Seiten umfasst. Sorgfältig recherchiert, webt Haratischwili ein Vielzahl historischer Bezüge in ihre Geschichte ein. Und so hat auch der namenlose Peiniger Christines, der »Kleine Große Mann«, ein historisches Vorbild: den sowjetischen Geheimdienstchef Beria, Schlüsselperson für Stalins »Großem Terror«.