Die junge Französin Marie lässt die Berge hinter sich. Sie zieht in die Stadt, arbeitet dort als Krankenschwester und verliebt sich in ihren Kollegen Cham. Die beiden heiraten und ziehen in Chams Heimat, die französische Komoreninsel Mayotte.
Doch die Ehe scheitert, bald beginnt Marie Mayotte und ihr Leben im vermeintlichen Paradies zu hassen. Das ändert sich erst, als sie bei der Arbeit einer Frau begegnet, die ihr eigenes Baby dringend loswerden will.
Der Säugling hat ein grünes und ein schwarzes Auge, eine harmlose Anomalie, aber die Mutter glaubt, ihr Kind sei verflucht. Marie adoptiert den Jungen, sie nennt ihn Moïse und findet als Mutter ein neues Lebensglück.
Als Marie völlig unerwartet stirbt, ist der vaterlose Moïse plötzlich ganz auf sich allein gestellt. Der Vierzehnjährige driftet durch die Hauptstadt Mamoudzou und verliert sich dort in der »Gaza« genannten Favela.
Als er auf den Bandenchef Bruce trifft, gerät er in einen Strudel mörderischer Gewalt …
Frankreichs größtes Elendsviertel
Der Roman erzählt von brutalen sozialen Verwerfungen im französischen Übersee Département Mayotte, das jenseits der Postkartenkulisse Schauplatz dramatischer Fluchten ist.
Für viele Bewohner der Nachbarinseln leuchtet Mayotte verheißungsvoll als Tor zu Europa. Und so stechen – wie an den Grenzen Kontinentaleuropas – auch hier überfüllte Boote in See, deren Passagiere in den Slums von Mamoudzou stranden.
In kurzen Kapiteln berichten Moïse, Bruce und andere Protagonisten – darunter auch die tote Marie – in einer Art Gedankenstrom aus ihrem Leben. Nach und nach entsteht so ein authentisches Bild des größten Elendsviertels Frankreichs, gelegen im Indischen Ozean zwischen Madagaskar und dem afrikanischen Mosambik.
Der Roman überzeugt mit seiner klaren, bildstarken Sprache als Gesellschaftsporträt eines Schauplatzes, der es nicht in unsere Nachrichtensendungen schafft. Nathacha Appanah kennt sich aus, sie selbst hat einige Zeit auf Mayotte gelebt. Leider springt aber der emotionale Funke des Romans kaum über, die Figuren bleiben distanziert.