Marion und Art Fowler reisen gemeinsam zu den Niagarafällen, an den Ort, an den sie dreißig Jahre zuvor ihre Hochzeitsreise führte. Das Ehepaar ist pleite, arbeitslos und hoch verschuldet. Die Kinder sind längst aus dem Haus, ihre Ehe ist am Ende.
Im Reisegepäck schmuggeln Marion und Art ihr gesamtes Barvermögen nach Kanada ein, um es dort im Casino in Jetons einzuwechseln. Im Glücksspiel sieht Art eine letzte große Chance, er glaubt an den Zufall und meint ein vielversprechendes System entdeckt zu haben.
Das Ehepaar greift gemeinsam nach dem letzten Strohhalm: einer Luxussuite, deren Preis ihre Schulden kaum spürbar mehrt und der nostalgischen Erinnerung an bessere Zeiten.
Als sich der Urlaub dem Ende zuneigt, setzen sie gemeinsam alles auf eine Karte …
Leises Drama vor gewaltiger Kulisse
Stewart O’Nan entpuppt sich mit diesem Roman als ein Meister des Kammerspiels. Auf engstem Raum, einem Bus, einem Hotelzimmer und dem Casino, zeichnet er das elegische Portrait einer fast erloschenen Ehe.
Der Schauplatz könnte kaum gewaltiger gewählt sein, die Niagarafälle dienen als explosive Kulisse des subtilen Dramas, das seinen Anfangs- und Endpunkt an diesem Ort findet.
Marion ist müde, ihren Ehemann leid. Sie zeigt dies durch kleine gereizte Gesten, sie überhört Fragen und Bemerkungen ihres Ehemannes und nimmt kaum Anteil an dem, was er sagt, denkt und plant. Marion hat beschlossen, eine unabhängige Zukunft zu besitzen und diese Reise ist der Abschied, den sie Art nach dreißig Ehejahren zu schulden glaubt.
Art ist auf seine Weise ebenso erschöpft, aber er zeigt sich erfinderisch und mit letzter Kraft noch agil. Anders als Marion wähnt er einen Funken Hoffnung, sieht ein zaghaftes Licht am Ende des Tunnels.Diese »Chance« ist sein Antrieb, eine letzte, nicht ausgeschöpfte Möglichkeit, um derentwillen es sich lohnt weiter zu leben. Art kämpft um seine Existenz und er wirbt um seine Frau. Er weiß, dass er ihre Liebe verspielt hat, aber er wünscht sich ihre Achtung verzweifelt zurück.
Stewart O’Nan (Abschied von Chautauqua) ist ein guter Chronist des Alltäglichen, der subtilen Gemeinheiten, der vergifteten Dialoge. Sein Ton ist diesmal nüchtern – die Kapitel sind mit Wahrscheinlichkeiten überschrieben – und dennoch spricht viel Mitgefühl aus den Zeilen dieses Romans.
Es ist ein Buch über die alltäglichen Schwierigkeiten der Liebe, ein Plädoyer für das Vergessen und Verzeihen und eine Inspiration für – beinahe unmögliche – Neuanfänge.