Anna, Maria und Misch wachsen im rumänischen Banat auf, nahe der Grenze zu Jugoslawien. Alle drei wollen raus. Raus aus ihrem Dorf, raus aus dem öden Fabrikjob und vor allem raus aus Rumänien.
In der drückenden Sommerhitze des Jahres 1989 scheint alles möglich. Der Mais steht hoch in den Feldern und bietet Schutz für den Weg in die Freiheit, die Grenze ist nur drei Kilometer entfernt.
Gemeinsam spielen die Freunde immer wieder mit dem Gedanken an Flucht. Radeln nachts zum Feldrand und kehren doch immer wieder in ihr Zuhause zurück.
Können sie einander wirklich vertrauen? Hans, der auch Annas Geliebter ist, verhält sich in letzter Zeit seltsam. Ist es tatsächlich nur der Frust darüber nicht studieren zu dürfen? Misch verdächtigt Hans ein Spitzel zu sein.
Wem soll Anna sich anschließen? Und was ist mit ihren Eltern und der Großmutter? Wenn Anna wirklich flieht, darf sie sich nicht verabschieden …
Sommer der Möglichkeiten
In diesem wunderbar atmosphärischen Sommerroman deutet das Ende der Jahreszeit den Beginn der bevorstehenden Umbrüche an. Die drei Freunde träumen von einem besseren Leben, besonders Hans, dem das Regime nach der Flucht des Bruders alle Wege verbaut.
Anna hat kein so eindeutiges Ziel, aber auch sie sehnt sich fort. Hin und hergerissen schwankt sie zwischen Weggehen und Bleiben, zwischen der Sorge um die Eltern und dem Wunsch frei zu sein. Unterdessen spitzt sich die Lage im Land zu, das Misstrauen wächst und auch in Annas Familie wird man nicht mehr richtig satt.
Etwas Schwebendes, Uneindeutiges durchzieht den gesamten Roman. In den Sommernächten sitzen die Freunde am Fluss und betrinken sich mit billigem Fusel. Sie schwanken zwischen Wagemut und Verzagtheit, Freundschaft, Liebe und Eifersucht. Und am nächsten Morgen bleibt von alldem nur ein Brummschädel zurück.
Nadine Schneider spiegelt in ihrem Roman ein Stück ihrer Familiengeschichte, sie wurde in Deutschland als Tochter einer rumänischen Aussiedlerfamilie geboren. Ihr Bild des Dorflebens ist frei von verklärter Nostalgie, die Tage sind eintönig und das Leben passiert, zwischen Hof und Feld, Küche und Stall.
»Drei Kilometer« ist ein schnörkelloser und auf lässige Weise poetischer Roman, der davon erzählt, was es bedeutet, seine Heimat zu verlassen. Mehrdeutig und stimmungsvoll, ein hinreißendes Debüt.
Nadine Schneider lesenwerter zweiter Roman »Wohin ich immer gehe« erzählt ebenfalls von einer Flucht aus dem Banat, ohne sich dabei zu wiederholen. Im Zentrum steht David, der die Donau durchschwimmt und mit seiner Familie bricht.