Moskau, 1936. Charlotte ist deutsche Kommunistin, gemeinsam mit ihrem Mann Wilhelm gelang ihr die Flucht ins sowjetische Exil. Nahe Moskau arbeitet das Paar für den Geheimdienst der Komintern.
Nach einer Reise an die spätsommerliche Krim kehren sie zurück auf ihrem streng geheimen Stützpunkt »Punkt Zwei«. Doch die Stimmung unter den Genossen ist angespannt.
In Moskau greift Stalins Terror um sich, in Schauprozessen verurteilt der Richter Wassili Wassiljewitsch angebliche »Volksfeinde« zum Tod. Unter ihnen ist auch Alexander Emel, den Charlotte und Wilhelm besser kennen, als ihnen jetzt lieb ist.
Nach Emels erpressten Geständnis geraten alle, die mit ihm oder seiner Frau Isa verkehrten, in Gefahr. Auch Charlotte und Wilhelm werden von ihren Aufgaben suspendiert. Die Partei quartiert sie aus und weist ihnen im Hotel Metropol ein Zimmer zu.
Dort harrt das Paar aus, wartet auf eine Beschuldigung, eine Anklage, auf ein Ende des nervenzerreißenden Stillstandes. Doch während ringsherum die Parteifreunde abgeholt werden, bleiben sie vorerst verschont.
Wilhelm leistet Abbitte und schreibt eine unerbittliche Selbstkritik, während Charlotte sich einen Funken Stolz bewahrt. Das Zusammensein mit Wilhelm erträgt sie nur noch schwer, sie sucht kleine Fluchten und stürzt sich in eine Affäre …
Im Herzen des Großen Terrors
Bei seinen Recherchen für seinen autobiografischen Familienroman »In Zeiten des abnehmenden Lichts« stieß Eugen Ruge in Moskau auf die Kaderakten seiner Großmutter Charlotte. Darin fand er Hinweise, dass sie, die zeitlebens nie über ihre Moskauer Jahre gesprochen hatte, dort für den Geheimdienst gearbeitet hatte und in das Zentrum vom Stalins Terror geriet.
Ruge begab sich auf Spurensuche in Russland, er schlief sogar in dem Hotelzimmer, das seine Großmutter und sein Stiefgroßvater einst bewohnten. In »Metropol« erzählt er von Charlottes Jahren am Rande des Vulkans.
Ruge katapultiert uns in das Moskau der späten Dreißigerjahre, dort tauchen wir ein in das Leben der KPD-Exilanten, die mit großen Hoffnungen einreisten und sich in der Sowjetunion sicher wähnen. Und von denen viele bald von den eigenen Genossen ermordet werden.
Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten verbringt Charlotte 477 quälende Tage im Hotel Metropol. Schockiert beobachtet sie, wie ein Parteigenosse nach dem anderen abgeholt wird und in den Folterkellern der Lubjanka verschwindet.
Der Roman basiert auf Fakten, dennoch ist Charlotte auch eine fiktive Figur. Meisterhaft erkundet Ruge die ambivalente Gefühlswelt seiner Großmutter. Charlottes Leben im Metropol oszilliert zwischen Hoffnung und Verzweiflung, angespannter Beobachtung, aufblitzender Lebensfreude, Selbstüberschätzung und der lähmenden Depression Wilhelms.
Letzen Endes will, ja muss sie an das glauben, was ihr reger Geist bereits als Lüge entlarvt hat: dass die grotesken Geständnisse wahr sind, dass sie zweifelt, weil sie keine gute Kommunistin ist. Ein mitreißender und eindringlicher Roman über Selbstbetrug, blinden Gehorsam und Verrat. Abgerundet mit Ruges wunderbar subtilem Humor.
Eugen Ruges Vater Wolfgang Ruge (aka Charlottes Sohn »Kurt«) erzählt in seinem Buch »Gelobtes Land. Meine Jahre in Stalins Sowjetunion« was ihm nach seiner Verhaftung in Stalins Lagern widerfuhr.
Das Sachbuch »Die Moskauer: Wie das Stalintrauma die DDR prägte« erzählt vom Schicksal der deutschen Exil-Kommunisten unter Stalin und dem verordneten Schweigen der Rückkehrer.