Valerie lebt mit ihrem halbwüchsigen Sohn Xavier im beschaulichen Oak Knoll. Sie liebt ihr bescheidenes Backsteinhaus und ihren üppigen Garten, den eine uralte Eiche beschirmt. Doch das Viertel wandelt sich, Immobilienspekulanten haben die Gegend im Visier.
Als das Nachbarhaus verkauft wird, ist es um Valeries Frieden geschehen. Der neureiche Unternehmer Brad Whitman braucht Platz für sein feistes Traumhaus, Kettensägen machen mit den alten Bäumen kurzen Prozess.
Als die neuen Nachbarn schließlich einziehen, bemerkt Valerie, dass auch ihre alte Eiche durch die Bauarbeiten beschädigt wurde. Gleichzeitig lernt Xavier Brad Whitmans hübsche Stieftochter Juniper kennen.
Xavier ist ein begabter Musiker, bald wird er ein Stipendium annehmen und Oak Knoll verlassen. Eine Beziehung ist das Letzte, was er zur Zeit brauchen kann. Doch Juniper fühlt sich magisch von dem schönen jungen Mann angezogen und sucht Xaviers Nähe.
Zaghaft lassen die beiden sich aufeinander ein, aus guten Gründen halten sie ihre Beziehung geheim. Denn Juniper ist weiß, und Xavier für Brad Whitmann viel zu schwarz …
Gentrifizierung trifft Rassenkonflikte
Mit den Nachbarn ist oft nicht zu spaßen, das gilt auf dem Land genauso wie in der Stadt. Und wenn die Gentrifizierung zuschlägt, Weltanschauungen, Kaufkraft und Lebensstile mischt, sind hitzige Konflikte vorprogrammiert. Vieles in Therese Anne Fowlers Roman kennt man auch aus den sich wandelnden Stadtvierteln deutscher Großstädte.
Alte Häuser und Gärten werden platt gemacht, die Neubauten sind viermal so groß wie die Vorgänger. Oft reichen sie bis an die Grundstücksgrenze heran, aus grünen Oasen werden geschotterte »Gärten des Grauens«.
Auch in »Gute Nachbarn« trifft der nachhaltig geprägte Lebensstil der Forstwissenschaftlerin Valerie auf ökologische Frevel und freimütig zur Schau gestellten Luxus. Von Brad Whitman, diesem Selfmade-Millionär, dem die joviale Arroganz aus allen Poren dringt, fühlt Valerie sich abschätzig behandelt. Als Farbige, als Umweltschützerin, als Alleinerziehende und als Frau.
Als ihre alte Eiche einzugehen droht, sagt Valerie Brad Whitman dem Kampf an. Der Nachbarschaftsstreit schaukelt sich rasant empor, unterschwellige Aversion wird zu offener Aggression. Und alle Parteien schießen dabei über das Ziel hinaus.
Durch die außergewöhnliche Erzählperspektive des Romans – die Nachbarschaft kommentiert die Ereignisse als eine Art allwissender Chor – ahnt man früh, worauf die Geschichte hinaus läuft. Und will gerade deshalb wissen, was hinter den geraunten Andeutungen steckt.
Ausbaden müssen es letztlich die jungen Frischverliebten, Juniper und Xavier, die auf tragische Weise zwischen die Fronten dieses Rassen- und Klassenkonfliktes geraten. Julia und Romeo wohnen in der Vorstadt, sie sind klimabewegt und ernsthaft. Und sie glauben an eine bessere, gemeinsame Zukunft.
Ein spannender Gesellschaftsroman, der gekonnt gegenwärtige Konfliktlinien wie soziale Spaltung, Sexismus und tief verwurzeltem Alltagsrassismus ausleuchtet.