Ellinor Ingman hat ihr ganzen Leben auf Hustrun verbracht, einer kleinen Insel am äußersten Rand des Stockholmer Schärengartens. Das Leben dort ist einsam, außer Ellinor und ihrem alten Vater leben nur noch wenige andere Familien auf Hustrun.
Im Winter sind die Insulaner unter sich, im Sommer treffen die Feriengäste ein, die Ellinor mit dem Schärentaxi befördert. Ellinor ist zufrieden mit ihrem Dasein, sie liebt die Insel, das Meer, ihre Eiderenten und kümmert sich hingebungsvoll um ihren blühenden Garten, den sie dem felsigen Eiland abgetrotzt hat.
Doch eines Tages steht Herrman Engström am Anleger des Schärentaxis und alte Gefühle suchen Ellinor heim. Vor dreißig Jahren war Hermann ihre große Liebe, doch dann verschwand er spurlos und ohne ein Wort des Abschieds. Warum ging er damals fort?
Die Antwort birgt eine alte, unausgesprochene Geschichte, die schon damals zwischen Hermann und Ellinor stand. Sie reicht weit zurück, in den Winter 1914, als eine schreckliche Tragödie die Insel heimsuchte und das Leben der Hustruner für Generationen veränderte …
Jenseits der Menschengrenze
Der Roman erzählt vom Leben auf einer abgelegenen Schäreninsel, wo die Handvoll Bewohner einander auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Wer von den Nachbarn nicht gemocht wird, ist zu einem einsamen und freudlosen Leben verdammt.
Die Autorin Gunilla Linn Persson hat selbst lange Zeit auf einer Insel im Stockholmer Schärengarten gelebt, sie beschreibt die Landschaft und die Lebensbedingungen authentisch und mit viel Atmosphäre. Ein Handlungsstrang berichtet von einer Tragödie, die sich im Jahr 1914 ereignete: Nach einem Tanzvergnügen auf der Nachbarinsel gehen die Hustruner Jugendlichen über das dunkle Eis und geraten dabei in einen gefährlichen Schneesturm.
Dieser Teil des Buches ist äußerst spannend erzählt, die Figuren sind nur skizziert und haben dennoch Tiefe, eine zarte Liebesgeschichte wird angedeutet. In einprägsamen Bildern zeichnet Gunilla Linn Persson das Bild des damaligen harten Lebens »jenseits der Menschengrenze«.
Der zweite Handlungsstrang spielt im Hier und Jetzt, er handelt von Ellinors Leben, die unter ihrem unerträglichen Vater leidet, ihn aber dennoch zu Hause ergeben pflegt. Spätestens in der Mitte des Buches fragt man sich, weshalb Ellinor die Brocken nicht hinwirft. Eine Antwort gibt der Roman nicht, stattdessen bemüht er sich, die Lovestory zwischen Hermann und Ellinor durch einen unglaubwürdigen Gedächtnisverlust aufregender zu machen. Ein klappriger Spannungsbogen, der allzu schnell einbricht. Diese Charaktere bleiben schablonenhaft und der Erzählstil versinkt in Klischees.
Kaum vorstellbar, dass diese beiden unterschiedlichen Geschichten in einem Roman vereint sind – und von ein und derselben Autorin verfasst worden sein sollen!
Schade, dass Gunilla Linn Persson dem titelgebenden, historischen Stoff so wenig getraut hat, dass sie ihm nicht den gesamten Platz einräumte. Wem Ellinor und Hermann schon nach kurzer Zeit auf den Keks gehen, der sollte diese Seiten großzügig überblättern und den historischen Teil lesen, dessen Beschreibungen vom Leben der Insulaner in ihrer Kargheit und Schroffheit imponieren.
Auf den Spuren der Jugendlichen, die sich nach einem kostbaren Vergnügen im Eis verlieren, reist man mit diesem Buch in die klirrende, weiße Winterwelt der äußeren Schären. Den schwedischen Sommer findet man in anderen Büchern besser beschrieben, zum Beispiel »Weiße Nacht« von Åsa Larsson oder »Inselgrab« von Johan Theorin.