Charlie ist Anfang dreißig und lebt in London. Kaum hat er eine kleine Erbschaft gemacht, schon haut er das Geld wieder auf den Kopf: Er kauft sich einen brandneuen »Adam«, einen lebensechten Androiden, der daheim bei ihm einzieht.
Seine Nachbarin Miranda, eine bildhübsche Studentin, ist von sofort von Adam fasziniert. Gemeinsam mit Charlie konfiguriert sie Adams Charakter, beide legen dessen Vorlieben, Abneigungen und Schwächen fest.
Charlie verliebt sich heftig in Miranda und stürzt sich in eine Affäre, die von Mirandas Seite jedoch eher unverbindlich bleibt. Das ändert sich erst als Mark, ein misshandelter kleiner Junge, durch einen Zufall in Charlies Leben tritt. Miranda schließt Mark ins Herz und setzt sich in den Kopf, den Knirps zu adoptieren. Begeistert nimmt sie Charlies Heiratsantrag an, denn als Ehepaar steigen die Chancen für eine Adoption.
Während Charlie noch grübelt, ob Mirandas Zusage auf den richtigen Gründen beruht, spekuliert Adam an der Börse und macht seinen Besitzer zu einem reichen Mann. Nachts folgt Adam jedoch eigenen Interessen. Sein Körper ruht, doch sein rastloser Geist streift emsig durch fremde Datenbanken.
Unermüdlich sucht er nach einem dunklen Fleck in Mirandas Werdegang, entschlossen, die Adoption des Jungen zu verhindern …
Die Wertvorstellungen einer Maschine
Was für ein intelligenter Spaß! Ian McEwan schreibt die Geschichte um. Er spielt mit der Vergangenheit, ändert hier etwas und dort etwas – und erfindet daraus eine neue Zukunft, die in der Vergangenheit spielt. Eine Vergangenheit, die unserer Gegenwart in technischer Hinsicht schon einige Schritte voraus ist.
Alan Turing hat das Schwulen-Bashing der Fünfzigerjahre überlebt, er hat die Östrogenbehandlung verweigert, keine Depressionen entwickelt und hat sich nicht das Leben genommen. Stattdessen konnte sein genialer Geist sich jahrzehntelang mit der von ihm aufgeworfenen Frage beschäftigen: »Was unterscheidet den Menschen von der Maschine?«.
Jetzt lebt der brillante Informatiker mit seinem Lebensgefährten Tom zusammen, einem begnadeten Physiker, der gemeinsam mit ihm die Künstliche Intelligenz begründet hat. Das Paar bewohnt ein elegantes Stadthaus und ist durch bahnbrechende Innovationen reich geworden. Auf den Straßen Londons rollen nun selbstfahrende Autos.
Auf sehr unterhaltsame Weise zeigt Ian McEwan, was passieren kann, wenn Roboter so etwas wie Gefühle entwickeln, wenn sie moralische Urteile fällen und die Handlungen von uns Menschen interpretieren und bewerten. Eine Interaktion, die zu fatalen Kurzschlüssen führen kann.
Denn wir Menschen agieren nicht immer rational. Wir weichen täglich von Regeln und moralischen Grundsätzen ab und kennen so komplizierte Dinge wie die »Notlüge«, ein Verhalten, das die engen Grenzen eines Algorithmus sprengt, denn ihre Anwendung bedarf der Empathie und der Kreativität.
Wie Adam seinem Besitzer Charlie zuerst nützlich ist, dann für Geldsegen sorgt und Charlie schließlich in existenzielle Nöte manövriert, all das liest sich wunderbar unterhaltsam und hat dennoch jede Menge Tiefgang.
»Maschinen wie ich« wirft einen – exzellent recherchierten – Blick hinter die Kulissen der künstlichen Intelligenz, spielt mit ihren Möglichkeiten und vor allem ihren engen Grenzen. Wie gut, das heute noch kein Adam entscheidet, was das Beste für uns ist.