Trina lebt in Graun, einem Südtiroler Bergdorf, das am Reschensee liegt. 1923 bereitet sie sich auf die Abschlussprüfung als Lehrerin vor. Doch Mussolinis Faschisten haben seit ihrem »Marsch auf Bozen« das Leben in Südtirol umgekrempelt.
Die deutsch sprechende Bevölkerung wird diskriminiert und drangsaliert, wer kein Italienisch spricht, hat das Nachsehen. Um in der Schule arbeiten zu dürfen, lernen Trina und ihre Freundinnen Barbara und Maja die neue Sprache.
Doch niemand stellt die jungen Frauen ein. Trina unterrichtet daraufhin im Untergrund, in Kellern und Scheunen übt sie mit den Dorfkindern die deutsche Sprache. Und sie heiratet den Bauern Erich, bekommt mit ihm zwei Kinder.
Die Familie hat ein Auskommen, bis der zweite Weltkrieg ausbricht und das Militär Erich einberuft. Trina bewirtschaftet den Hof nun ganz allein, bringt sich und ihre Familie durch die schwere Zeit.
Erich kehrt verwundet auf Heimaturlaub zurück und beschließt, sich einer Rückkehr an die Front zu entziehen. Gemeinsam flüchten Trina und Erich in die tief verschneiten Berge, während ihr Sohn Michael sich den deutschen Nazis anschließt.
Als der Krieg endlich überstanden ist, könnte alles gut werden. Doch die neue Regierung greift ein altes Projekt wieder auf: Ein Damm soll gebaut werden, dessen Stausee die Dörfer Graun und Reschen bedroht. Erich leistet erbitterten Widerstand und versucht, seinen Hof und seine Heimat zu schützen …
Ein Dorf kommt unter die Räder
Das Bild des einsam aus dem Reschensee herausragenden Kirchturms ist bizarr und weltberühmt. Doch kaum jemand kennt die Geschichte dieses Staudamms und der versunkenen Dörfer.
Für seinen Roman recherchierte Balzano mehrere Jahre lang, er durchforstete Archive, sprach mit Ingenieuren, Soziologen, Lehrern und Historikern. Und er machte sich auf die Suche nach Zeitzeugen, die miterlebt haben, wie ihre Häuser und ihr Dorf 1950 in den Fluten versanken. Die Detailkenntnis, die daraus erwachsen ist, merkt man dem Roman an. Und da Marco Balzano ein wunderbarer Geschichtenerzähler ist, hat er dazu noch sehr lebendige Figuren erfunden.
Trina und Erich erleben Mussolinis zwangsweise »Italienisierung« Südtirols, den zweiten Weltkrieg und schließlich auch noch den Einmarsch der deutschen Nazis. Und am Ende ist es die italienische Regierung, welche die Familie ihrer bäuerlichen Lebensgrundlage beraubt.
Der Roman erzählt von der wechselvollen Geschichte dieser alpenländischen Grenzregion, vom Fortschritt, und von dem hohen Preis, den Einzelne dafür zahlen. Und damit ist »Ich bleibe hier« auch eine zeitlose Geschichte über die Folgen technologischer Großprojekte. Auch heute noch werden Menschen umgesiedelt und zugunsten des Fortschritts ihrer Heimat beraubt. Sei es um die Ecke, beim Braunkohletagebau am Hambacher Forst oder ganz weit weg, für den 3-Schluchten-Stausee in China.
Ein berührender, kitschfreier Heimat-Roman im besten Sinne – und quasi ein »must« für alle Südtirol-Fans. Wer ihn gelesen hat, wird den Reschensee mit anderen Augen sehen.