Manchester by the sea

Szenenbild - Manchester by the sea
Ein Anruf reißt Lee aus seinem Trott / © Universal

Lee Chandler lebt in Boston. Tagsüber ist er als Hausmeister für mehrere Wohnblocks zuständig, die Launen der Mieter erträgt er stoisch. Abends entflieht er seinem trostlosen Souterrain-Apartment und hockt im Viertel an einem Kneipentresen.

Ein Anruf aus seiner Heimat reißt ihn aus dem täglichen Trott. Sein Bruder Joe liegt im Krankenhaus, der Zustand ist kritisch. Als Lee kurze Zeit später in Manchester-by-the-sea eintrifft, kommt er zu spät: Joe ist bereits tot. Lee ist zunächst geschockt, erledigt aber das Notwendige. Er organisiert die Bestattung, regelt den Nachlass und kümmert sich um seinen sechzehnjährigen Neffen Patrick.

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Patrick soll seine Heimat verlassen / © Universal

Bei der Testamentseröffnung erfährt Lee, dass sein alleinerziehender Bruder ihn zum Vormund von Patrick bestimmt hat. Laut Joes letztem Willen soll Lee sein Leben in Boston aufgeben und mit Patrick in Joes Haus wohnen. Lee weist das Ansinnen brüsk zurück, stattdessen will er Patrick nach Boston mitnehmen. Patrick, der in Manchester-by-the-Sea fest verwurzelt ist, wehrt sich mit Händen und Füßen.

Lee kann nicht in Manchester bleiben, dort wird er von Erinnerungen gequält. An einen unbedachten Moment und eine unfassbare Tragödie, die er vor vielen Jahren hinter sich ließ …

Kleine Gesten und einprägsame Bilder

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Lee flieht vor den Erinnerungen in Manchester / © Universal

Mit ruhiger Hand erzählt der Film eine dramatische Geschichte von Liebe, Verantwortung und einer persönlichen Schuld.

Da ist Patrick Chandler, ein beliebter Teenager, der in seiner Heimatstadt alles findet, was ihm über den Verlust seines Vaters hinweghelfen kann: seine Schulfreunde, seine Rockband, das Eishockey-Training. Ganz zu schweigen von seinen beiden Freundinnen, zwischen denen er sich nicht entscheiden kann.

Und da ist sein Onkel Lee, noch jung, aber ohne ein Lächeln im Gesicht. Ein Mann weniger Worte, der seinen Alltag mechanisch meistert und der seine Gefühle fesselt, um auf den Beinen zu bleiben.

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Patrick liebt die Bootstouren mit Joe und Lee / © Universal

In Rückblenden erzählt der Film von glücklichen Stunden die Lee, Joe und der kleine Patrick auf Joes Boot verbracht haben. Er erzählt von normalen Familien, die durch Schicksalsschläge zerbrachen.

Und er zeigt, welches Unglück aus dem lebenslustigen Familienvater Lee einen verschlossenen Einzelgänger machte. Regisseur Kenneth Lonergan fand dafür einprägsame Bilder, die das kaum Aushaltbare wortlos erzählen und die Verzweiflung und das Entsetzen körperlich spürbar machen.

Der Film setzt auf Andeutungen und die kleinen Gesten, ein Geraune, wenn Lee einen Laden betritt, der stumpfe Blick, mit dem Lee jeden Smalltalk abwürgt. Der Film balanciert geschickt zwischen Tragik und Komik, Patrick ist ein ebenso lässiger wie lebenslustiger Teenager, der seinen schwermütigen Onkel mit Wortwitz zu nehmen weiß.

Die Dialoge zwischen Lee und seinem Neffen nehmen oft eine komische Wendung, sie zeigen einen Jungen, der sich durch Ironie von seiner Trauer und Wut distanziert. Und dennoch sind es befreiende Momente, kleine Explosionen der Trauer, welche die angestauten Gefühle ins Tageslicht entlassen.

Der Film gewann eine Vielzahl internationaler Preise, darunter zwei Oscars, für das von Kenneth Lonergan verfasste Drehbuch und für den Hauptdarsteller Casey Affleck, der Lee Chandler eindrucksvoll und unsentimental verkörpert. Kyle Chandler (Bloodline) spielt den zu früh verstorbenen Joe.

Ein berührender Film, dessen Geschichte im Arbeitermillieu der Stadt Manchester-by-the-sea spielt und das die Küste Neuenglands abseits der Sommerhäuser zeigt.

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