Monschau

Buchcover1962. Der junge griechische Arzt Nikos Spyridakis wird von seinem Düsseldorfer Chef Günter Stüttgen in die Eifel gerufen: Im Kreis Monschau wüten die Pocken.

Die erste Patientin ist die kleine Bärbel. Ihr Vater, der als Monteur für Rither-Werke arbeitet, hatte sich bei einer Dienstreise in Indien mit dem Virus infiziert.

Die Patienten 1 und 2 waren vermutlich umgeben von Nummer 3 und 4, denn was er zuvor über den jüngeren Bruder und die Mutter gehört hatte, legte diese Vermutung nahe. Es gab ja auch oft milde Verläufe.
STEFFEN KOPETZKY - Monschau

Das schwerkranke Mädchen muss ins Krankenhaus, doch die gut ausgestattete Aachener Klinik weist das Mädchen ab. Bärbel wird ins Kreiskrankenhaus gebracht, wo sich eine Mitpatientin ansteckt und kurz darauf stirbt.

Nikos soll sich nun um die Verdachtsfälle kümmern. Geschützt durch eine umgerüstete Stahlarbeitermontur besucht er die Menschen daheim. Er untersucht die Erkrankten, schreibt Klinikeinweisungen und verordnet Quarantäne. Und macht sich damit nicht immer beliebt.

Im Winter 1962 brechen die Pocken über Monschau hereinImmer mehr Menschen begehren auf. Allen voran der umtriebige Direktor der Rither-Werke, Richard Seuss, der zu verhindern sucht, dass sein Betrieb geschlossen wird.

Dieser Gastarbeiter, Arzt hin oder her, war sein Angestellter, oder zumindest ein auf Werkvertragsbasis für ihn arbeitender Mensch. Der ... offenbar nicht begriff, worauf es ankam. Hatte ihm heute einen seiner besten Gießer krankgeschrieben und die halbe Mannschaft aus der Nachtschicht in Quarantäne gesteckt ...
STEFFEN KOPETZKY - Monschau

Doch da begegnet Nikos der Firmenerbin Vera Rither. Die junge Frau studiert in Paris und ist auf Besuch in der alten Heimat. Mit Nikos teilt sie nicht nur die Liebe für Jazz-Platten.

Nach und nach kommen die beiden sich näher …

Die Pocken in Monschau

Bereits in Steffen Kopetzkys Vorgängerroman »Propaganda« taucht Nikos Chef Günter Stüttgen auf.

Direktor Seuss residiert im Roten PalaisBei einem Gespräch mit dessen Witwe erfuhr Kopetzky, dass der Arzt in den Sechzigerjahren gemeinsam mit seinem Doktoranden eine herausragende Rolle in der Bekämpfung einer lokalen Pocken-Epidemie gespielt hatte.

Stüttgen hatte ihm nicht verheimlicht, dass alle anderen erfahreneren Ärzte ... abgewinkt hatten ... Zwar waren sie als Mediziner geimpft, dennoch blieb ein letztes Risiko ... Und praktische Erfahrung im Umgang mit so einer gefährlichen Erkrankung außerhalb des Labors hatte keiner der Kollegen.
STEFFEN KOPETZKY - Monschau

Das historische Geschehen verarbeitete Kopetzky zu einem vielschichtigen Gesellschaftsroman. Mit Vera und Nikos schuf er zwei sympathische Figuren, die den damaligen Zeitgeist und die Konflikte in der Seuchenbekämpfung spiegeln.

Die Republik atmet noch den Mief der vorangegangen Jahrzehnte, eine Begegnung zwischen einer vermögenden Firmenerbin und einem mittellosen, ausländischen jungen Arzt ist kaum vorgesehen. Die Manieren sind steif, das Überschreiten von Konventionen erfordert Mut. Bis zum »Du« brauchen Vera und Nikos eine kleine Ewigkeit, und beim ersten Date bemüht sich weltgewandte Vera, ihre Kochkünste zu zeigen.

Vera zeigt Nikos den Blick aus dem AstronomieturmSolch kleine, fein beobachteten Details machen den Roman besonders. »Monschau« zeigt, wie sich unsere Gesellschaft seitdem verändert hat und erzählt gleichzeitig eine zeitlose Geschichte über den schwierigen Kampf gegen eine Epidemie.

Bei einer Krankheit wie den Pocken steht man einem Naturphänomen gegenüber ... Die Natur kennt den Begriff der Zumutung nicht. Die nimmt keine Rücksicht auf Weiberfastnacht oder Rosenmontag oder auf sonst irgendetwas.
STEFFEN KOPETZKY - Monschau

Ein spannender und äußerst unterhaltsamer Roman, der mit seiner federleichten Liebesgeschichte auch gute Laune verströmt. Als Hörbuch so wunderbar gelesen von Johann von Bülow, dass man Lust auf den Vorgänger »Propaganda« bekommt.

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