Taiwan in den 1940er Jahren. In der Kleinstadt Kinkaseki wachsen Umeko und ihr großer Bruder Keiji behütet auf. Keiji ist der Star des hiesigen Baseballteams, Umeko himmelt ihn überschwänglich an.
Ihr Vater arbeitet in der Personalabteilung einer Goldmine. Heimlich verflucht er seinem japanischen Chef, der ihn freundlich, aber immer etwas herablassend behandelt.
Als der pazifische Krieg die Insel erreicht, richtet die Armee in einer nah gelegenen Kupfermine ein Kriegsgefangenenlager ein. Immer wieder dringen Schreie aus dem Lager, Gerüchte machen die Runde.
Nach dem Krieg fällt Taiwan an China und alles Japanische wird verboten: Umeko heißt nun Ching-mei, aus Kinkaseki wird Jinguashi. Die neuen Herrscher errichten eine Diktatur, Keiji wird inhaftiert.
Unterdessen wächst Umeko zu einer bildhübschen jungen Frau heran, und lässt sich mit dem Sohn eines Festlandchinesen ein …
Geschichte hautnah erzählt
»Pflaumenregen« handelt von der wechselvollen jüngeren Geschichte Taiwans, beginnend mit dem Ende der japanischen Kolonialzeit und dem brutalen Regime der Kuomintang. Ein zweiter Handlungsstrang spielt im demokratischen Taiwan der Gegenwart, dort lebt die gefühlskalte Matriarchin Chin-Mei (aka Umeko) in einer unglücklichen Ehe und hat die Vergangenheit tief in sich begraben.
Doch die jüngeren, kosmopolitischen Familienmitglieder stellen Fragen, allen voran Sohn Harry, der in den USA lebt, und Enkelin Julie, die aus Hongkong anreist.
Stephan Thome wurde bekannt mit seinen ebenso unterhaltsamen wie scharfsinnigen Gesellschaftsromanen Grenzgang, Fliehkräfte und Gegenspiel, die allesamt in Deutschland spielen.
Doch Taiwan ist seit Jahren Thomes Wahlheimat, und so erzählt er mit viel Kenntnis und Empathie vom Leben in einem Land, das bis heute nicht als eigenständiger Staat anerkannt ist. Und das sich China mit großem Säbelrasseln gern einverleiben möchte.
Thome gelingt es, den taiwanischen Blick auf die Nachkriegszeit in einen facettenreichen und oft bitteren Familienroman zu verweben. Mühelos lernt man viel: über Taiwans Beziehungen zu Japan und China, das entbehrungsreiche Überleben in der Diktatur und die Risse in den Biografien, die in den Familien bis heute nachwirken.