Mariam lebt in Afghanistan auf dem Land, nahe Herat. Sie ist fünfzehn, als ihre Mutter sich das Leben nimmt.
Der Vater entledigt sich seiner Tochter und verheiratet sie mit Raschid, einem dreißig Jahre älteren Schuhmacher aus Kabul. Für Mariam beginnt ein neues Leben in der Hauptstadt.
Anfangs sieht es so aus, als könnte aus der arrangierten Ehe zumindest so etwas wie Zuneigung erwachsen. Mariam wird schwanger, doch dann erleidet sie eine Fehlgeburt nach der anderen. Raschid beginnt seine Frau zu quälen, er prügelt sie und schlägt ihr die Zähne aus.
Währendessen regieren in Kabul die Kommunisten, und für andere Frauen beginnt eine Zeit relativer Freiheit. Es sind die Jahre, in denen sie sich bilden dürfen, studieren können und sich frei in der Öffentlichkeit bewegen.
In der Nachbarschaft Mariams wächst Laila heran, sie ist die Tochter eines Universitätsprofessors, der sie ermutigt zu lernen und selbstständig zu sein. Doch in den Wirren des Bürgerkrieges zwischen Sowjets und den Mudschahedin zerbricht Lailas heile Welt.
Ihr bester Freund Tarik, in den sie heimlich verliebt ist, flieht nach Pakistan, ihre Eltern werden beim einem Bombenangriff getötet. Raschid kümmert sich um das schwer verletzte Mädchen und nimmt sie zur Zweitfrau.
Nach anfänglichem Misstrauen werden Mariam und Laila zu engen Freundinnen. Gemeinsam wehren sie sich gegen Raschids Brutalität und planen die Flucht. Doch unter den Taliban ist dies so gut wie unmöglich …
Mit Füßen getreten
Mit dem erfolgreich verfilmten Roman »Drachenläufer« hatte Khaled Hosseini bereits 2003 eine packende Geschichten vor dem Hintergrund der jüngsten afghanischen Geschichte erzählt. Waren dort die Hauptfiguren zwei Jungen, die in den Wirren des Bürgerkrieges getrennt werden, so widmet sich Hosseini in seinem in seinem 2007 auf deutsch erschienen Roman »Tausend strahlende Sonnen« zwei afghanischen Frauen.
In den Siebzigerjahren regieren nach dem Sturz des Königs die Kommunisten und für viele afghanische Frauen beginnt eine bessere Zeit. Doch die Mudschahedin schränken Frauenrechte erneut stark ein, bis schließlich die Taliban das Volk mit ihren Regeln terrorisieren.
Frauen dürfen unter den Taliban das Haus nicht mehr verlassen, nicht mehr arbeiten, keine Schulen mehr besuchen. Wer Margaret Atwoods beklemmende Dystopie »The Handmaid‘ Tale« liest oder schaut, wird in der dort dargestellten totalen Entrechtung der Frauen, den öffentlichen Hinrichtungen und den brutalen Körperstrafen und auch Züge des Taliban-Regimes wiedererkennen.
All das ist in Afghanistan tatsächlich so geschehen. Und es ist nicht klar, ob es tatsächlich vorbei ist, denn derzeit verhandeln die Taliban über eine erneute Regierungsbeteiligung.
Das Buch erweckt mit seinem verspielten Cover den Eindruck eines harmlosen, exotischen Frauenromans, doch der erste Eindruck täuscht. Hosseini gelingt das Kunststück, die dunkle Geschichte spannend und auch mit einer Portion Leichtigkeit zu erzählen, ohne dabei seicht zu werden. Ein Dank an diesen begnadeten Erzähler.