Cape Haven, Kalifornien. Vor drei Jahrzehnten starb Sissy Radley nahe des Highways. Jetzt hat der Schuldige seine Strafe verbüßt, Vincent King kehrt zurück nach Cape Haven. Dort gibt es nur noch einen Menschen, der an ihn glaubt: Chief Walker, Vincents bester Freund.
Oben in den Hügeln wohnt Sissys Schwester Star mit ihren Kindern Duchess und Robin. Sie ist vom Leben überfordert und dröhnt sich bei jeder zweitbesten Gelegenheit zu.
Für Duchess, die gerade dreizehn geworden ist, ist das Leben eine dunkle Achterbahn. In der Schule wird sie wegen ihrer labilen Mutter verhöhnt, daheim kümmert sie sich um ihren kleinen Bruder.
Als Star in ihrem Haus erschossen wird, verhaftet Walker seinen Freund Vincent am Tatort. Der fünfjährige Robin ist der einzige Zeuge, doch seine Erinnerung streikt.
Duchess und Robin müssen fort aus Cape Haven. Chief Walker bringt sie zu ihrem Grandpa Hal auf eine Farm in Montana.
Doch der alte Mann ist für seine Enkel ein Fremder, und Robin schwebt in höchster Gefahr …
Outlaw Duchess Day Radley
Gleich zu Anfang wird erzählt, wie Duchess für eine Schularbeit ihren Ahnentafel durchforstet und eine Verbindung zum polizeilich gesuchten Outlaw Billy Blue Radley findet. Für Duchess, die keine Freunde hat, ist der Urahn die Rettung.
Sie beschließt, selbst ein »Outlaw« zu sein, hart und kompromisslos. So will sie ihren Bruder Robin beschützen und sich selbst gegen Enttäuschungen wappnen. Doch in Montana laufen die Dinge völlig aus dem Ruder.
Die Geschichte nimmt langsam Fahrt auf, doch nach dem ersten Twist entpuppt sich der Krimi als herzzerreißendes Drama über Freundschaft, Vergebung und die Sehnsucht nach Liebe. Im Stil eines Neo-Western erzählt Chris Whitaker aus dem Leben der Radley-Kinder, bewegend, rau und absolut kitschfrei.
Chris Whitaker kommt seinen Figuren emotional sehr nah, und der spannende Plot trägt durch die Seiten. Am Ende lösen sich alle Fäden sauber auf, so überraschend (und dennoch plausibel!), dass man vorn gleich noch mal nachlesen will.
Was nach dem Zuklappen des Buches bleibt, sind unvergessliche Figuren. Vor allem Duchess, die in ihrer Härte an das Ozark-Mädchen Ree aus »Winter’s Bone« erinnert, und in ihrer Einsamkeit an Held*innen wie Theo Decker in Donna Tartts »Distelfink« oder das Marschmädchen Kya im »Gesang der Flusskrebse«.
Die englischsprachige Originalausgabe des Romans wurde hymnisch gefeiert und auch in Deutschland avancierte das Buch verdient zum Bestseller. Herausragend auch das Hörbuch, Richard Barenbergs Lesung ist eine Klasse für sich.
Der Schauplatz des Romans, die kalifornische Küstenstadt Cape Haven, ist fiktiv. Christ Whitaker siedelt sie in der Nähe des Cabrillo Highway an, der zwischen San Francisco und San Luis Obispo den Pazifik säumt.