In den Fünfzigerjahren wandert Vera mit ihrer Tochter Nina nach Israel aus. Vera stammt aus Jugoslawien, sie ist Jüdin und hat die grausame Herrschaft Titos in einem Umerziehungslager überlebt. Jetzt will sie mit ihrer Tochter im Kibbuz neu anfangen.
Doch Nina rebelliert. Während Vera neue Bindungen eingeht und den Witwer Tuvia heiratet, nimmt Nina immer wieder Reißaus. Für kurze Zeit bändelt sie mit Tuvias Sohn Rafael an, der sich unsterblich in die junge Frau verliebt. Kurze Zeit später verschwindet Nina spurlos.
Rafael begibt sich auf eine jahrelange Suche. Als er Nina in Jerusalem zufällig begegnet, überredet er sie zu einem gemeinsamen Leben. Bald darauf wird die gemeinsame Tochter Gili geboren.
Doch das Glück währt nur kurz. Nach wenigen Jahren begibt sich Nina auf einen rastlose Reise um die Welt, verlässt Rafael und das Kind für immer. Gili wächst bei Rafael auf, den sie ebenso liebt, wie sie Nina hasst.
Zu Veras 90ten Geburtstag beschließen Rafael und Gili, einen Dokumentarfilm über Veras bewegtes Leben zu drehen. Überraschend schließt sich die aus Norwegen angereiste Nina dem Vorhaben an. Gemeinsam reisen die vier nach Kroatien, ihr Ziel ist die sonnenverbrannte ehemalige Gefängnisinsel Goli Otok.
Dort war Vera von Titos Schergen inhaftiert, während Nina glaubte, ihre Mutter nie wiederzusehen …
Entkommen aus Titos Gulag
David Grossmanns Roman beruht auf wahren Ereignissen. Es ist die Geschichte von Eva Panić-Nahir, die 1918 auf dem Balkan geboren wurde, in Kroatien ihre große Liebe fand und nach dem Tod ihres Mannes Rade nach Goli Otok verschleppt wurde.
Nach ihrer Freilassung wanderte sie gemeinsam mit ihrer Tochter Tijana nach Israel aus.
Im Jahr 2002 erzählte sie ihre Lebensgeschichte in einem isrealischen Dokumentarfilm (Eva – a documentary) und reiste gemeinsam mit ihrer Tochter Tijana nach Goli Otok. David Grossmann lernte die beiden Frauen kennen, die ihm gestatteten, ihre Geschichte in einem Roman zu verarbeiten. Und so folgt Grossmanns Roman Veras Lebenslinien und schafft dabei gleichzeitig eigenständige Figuren, die sich von ihren Vorbildern lösen.
In der ersten Hälfte des Buches liegt der Fokus auf dem Porträt einer disfunktionalen Familie. Während Vera leidenschaflicher Mittelpunkt einer neuen Familie wird, verletzt Nina alle die Menschen die sie lieben.
Erst gegen Ende des Romans erfährt man, was Vera auf Goli Otok erlitt und welche Schuld das Verhältnis zu ihrer Tochter bis heute vergiftet.
»Was Nina wusste« ist ein packender Roman über ein unmenschliches Opfer im Angesicht des Terrors, er erzählt von Scham, die eine Familie über Generationen prägt.
Das Hörbuch wird fesselnd gelesen, besonders Julia Nachtmann ist ein echtes Ereignis. Sie lotet Veras Tiefen aus und verleiht ihre eine eindringliche Stimme, oszillierend zwischen fürsorglicher Wärme und schneidender Härte. Vorgetragen mit einem ungekünstelten osteuropäischen Akzent. Eines der besten Hörbücher dieses Jahres.