Agnes Waldner ist fünfzehn und lebt in einem Provinzkaff im Salzburger Land. Jeder kennt jeden, was Agnes nur selten zum Vorteil gereicht. Denn die Waldners, die auf einem abgelegenen Häuslerhof leben, werden im Ort geschnitten.
Wenzel, der Vater, hat seine Anstellung als Förster verloren, man munkelt er habe gestohlen. Und die Mutter ist nicht mehr gut beisammen, seitdem sie alle drei Wochen zur Chemo ins Krankenhaus muss.
Als Agnes von der Schule abgeht will sie etwas Technisches machen, Autoschrauber, das wäre ihr Traum. Doch die feixenden Männer der Berufsberatung verpassen ihr eine Lehrstelle bei der »Raika«, der landwirtschaftlichen Genossenschaft der Raiffeisenkasse.
Dort wird ausgerechnet der Scholtysek ihr Chef, jener Mann, dem ihre Mutter einst den Laufpass gab. Agnes wird von den Männern im Betrieb gemobbt und begrapscht. Als Scholtysek versucht, Agnes zu vergewaltigen, schlägt das Mädchen mit aller Kraft zurück.
Kurze Zeit später wird ihr Vater totgeschlagen und die Mutter stirbt elendig am Krebs. Agnes will sich und ihre jüngeren Geschwister vor dem Heim bewahren und flieht mit ihnen nach »Wolfsegg«, eine Hütte hoch über der Baumgrenze. Doch die Verfolger wittern schon bald ihre Spur …
Flucht über alle Berge
In seinem Roman zeichnet Peter Keglevic das Bild einer dumpfen, sexistischen Gemeinschaft, in der Zoten und billige Anmache zum Alltag gehören. Ein Mädchen in einer Autowerkstatt? Höchstens als Pin-up-girl, haha.
Mädchen zählen hier wenig und müssen auf der Hut sein. Schlagfertig sein, mit Worten austeilen können, all das lernt Agnes aus purer Notwendigkeit. Und bald kann sie sich auch mit Waffen verteidigen, denn ihr Vater bringt ihr das Schießen und Jagen bei. Bevor er selbst von einer rasenden Meute erlegt wird.
Keglevic schleicht sich heimtückisch an, er beschwört eine Atmosphäre latenter Bedrohung, die an Bedrohlichkeit zunimmt und sich schließlich in ungezügelter Gewalt entlädt.
In seinen besten Passagen erinnert der Roman an den Alpenwestern »Das finstere Tal« von Thomas Willmann, der sich ebenfalls um Machtmissbrauch, Mord und Vergewaltigung dreht. Doch im Vergleich zu Willmanns Roman, der finster auf seinen Showdown zusteuert, schlingert »Wolfsegg« mitunter zwischen Drama und Groteske. Agnes Gegenspielerin, die sexbessenene Mitarbeiterin des Jugendamtes Sonja Hartmann, wirkt dermaßen eindimensional, das der Handlungsstrang über Kindesmissbrauch an Glaubwürdigkeit verliert.
Das ist schade, denn die rotzige Agnes ist in ihrem Zorn, ihrer Scham und ihrer Angst gut getroffen. Ein Mädchen, das durch die Hölle gegangen ist, und das sich nicht scheut, seinen Peinigern buchstäblich das Herz aus dem Leibe zu reißen.