Vor kurzem ist der wunderbare Film »Transit« im Kino angelaufen. Er erzählt von gestrandeten Flüchtlingen, die auf ihre Ausreise in ein Drittland warten, einem Schwebezustand zwischen Hoffen und Bangen, Vergangenheit und Zukunft, Heimat und Fremde.
Flucht und Exil haben viele Facetten. Wir stellen neben »Transit« noch zwei weitere Geschichten vor, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Thema befassen.
Transit
Die deutschen Truppen stehen vor Paris. Georg, ein deutscher Flüchtling, entkommt im letzten Moment nach Marseille. Im Gepäck hat er die Hinterlassenschaft des Schriftstellers Weidel, der sich aus Angst vor seinen Verfolgern das Leben genommen hat: ein Manuskript, Briefe und die Zusicherung eines Visums durch die mexikanische Botschaft.
Georg nimmt die Identität des Toten an und taucht ein in die Welt des Transits: Flüchtlingsgespräche in den Korridoren der schäbigen Hotels, stundenlanges Warten auf den Treppen der Konsulate. Als er ein mexikanisches Visum erhält, scheinen sich all seine Hoffnungen zu erfüllen. Doch dann trifft er auf Marie, die geheimnisvolle Ehefrau Weidels …
Die Verfilmung beruht auf dem autobiografischen Roman von Anna Seghers, die nach der Machtergreifung der Nazis aus Deutschland fliehen musste. Regisseur Christian Petzold inszenierte den Stoff im modernen Marseille und verzichtete auf historische Kostüme oder Kulissen. Stattdessen taucht der Film in das Großstadtleben ein, Schauspieler und zufällige Anwesende treten gemeinsam ins Bild. Fiktion und Realität überlagern sich, auf eine schwebende und sehr poetische Weise.
Kleines Land
Damals traf sich Gabriel mit seinen Freunden auf der Straße, erlebte seine Kindheit wie in einem paradiesischen Kokon. Bis seine Familie zerbrach und fast zur selben Zeit Burundi, sein kleines Land, bei einem Militärputsch im Chaos versank.
Zwanzig Jahre später erst, nach der Flucht mit seiner Schwester in ein fernes, fremdes Frankreich, kehrt Gabriel in eine Welt zurück, die er längst verloren glaubte. Doch er findet dort etwas wieder, das er für unwiederbringlich hielt.
In seinem Buch hat sich der Schriftsteller und Musiker Gaël Faye die Sehnsucht nach seiner Heimat von der Seele geschrieben. Er ist Sohn einer multikulturellen Familie, der Vater Franzose, die Mutter stammt aus Ruanda. Der Roman nimmt den arglosen Blickwinkel des Kindes ein, gibt sich über weite Strecken heiter, erzählt von den großen und kleinen Abenteuern, die Gabriel mit seiner Clique erlebt. Er und seine Schwester verleben eine behütete Kindheit, werden von den Eltern geliebt, von Hausangestellten umsorgt und besuchen die besten Schulen Bujumburas.
Doch nach und nach schleicht sich ein dunklerer Grundton ein. Die Verwandten in Ruanda zeigen besorgte Mienen, die Erwachsenen raunen einander Unverständliches zu. Und dann schwappt das Grauen des ruandischen Bürgerkriegs nach Burundi über und zerstört auch Gabriels heile Welt.
Heute bin ich Samba
Samba stammt aus dem Senegal, zehn Jahre ist es her, dass er nach Frankreich kam. Seitdem hält er sich in Paris mit Aushilfsjobs über Wasser, lebt mit seinem Onkel in einem schäbigen Zimmer und versucht dabei unauffällig zu bleiben. Mit seinem algerischen Freund Wilson teilt er das Schicksal der Illegalen, beide glauben an eine bessere Zukunft.
Als Samba endlich eine unbefristete Stelle winkt, wird er leichtsinnig und landet prompt in Abschiebehaft. Da kommt ihm die die dünnhäutige Karrierefrau Alice zur Hilfe, die sich nach einem Burn-Out ehrenamtlich im Sozialdienst engagiert. Aber Samba ist ihr erster Fall und Alice macht so einiges falsch …
Das Dreamteam von »Ziemliche beste Freunde«, bestehend aus den Regisseuren Éric Toledano und Olivier Nakache sowie dem Schauspieler Omar Sy, setzte mit dieser Tragikomödie seine Erfolgsstory fort. Unverkrampft nimmt sich dieser Film des Schicksals illegaler Migranten in Paris an. In den Figuren des herzlichen Samba, seinem stets sorgenvollen Onkel und dem lebenshungrigen Wilson spiegeln sich unterschiedliche Strategien, das Leben im Untergrund zu meistern.
Alice dagegen plagt sich scheinbar mit Luxusproblemen. Neben dem kräftigen, geerdeten Samba wirkt sie wie eine ätherische tolpatschige Fee. Als gut bezahlte Angestellte steht sie am oberen Ende der sozialen Leiter, dennoch begegnet sie Samba auf Augenhöhe. In Samba und Alice begegnen sich zwei Menschen, für die Arbeit das zentrale Thema in ihrem Leben ist, und die beide auf ganz unterschiedliche Weise daran leiden.